Katzenernährung

Nahrungergänzung mit Taurin – natürlich oder künstlich?

Taurin ist für die Katze essenziell: Katzen können nur eine begrenzte Menge der Aminosäure aus Cystein bilden. Damit eine Vielzahl von Funktionen im felinen Organismus aufrechterhalten werden kann, muss Taurin Nahrung zugeführt werden – Katzenfuttermittel sollten darum einen ausreichend hohen Anteil an Taurin aufweisen.

Taurin ist eine ß-Aminosulfonsäure und wurde 1827 zum ersten Mal aus der Galle von männlichen Rindern isoliert. Dem Stier, Bos taurus, verdankt es auch seinen Namen. Es zählt zu den häufigsten frei verfügbaren Aminosäuren im tierischen Körper. In Pflanzen ist praktisch kein Taurin vorhanden; eine Ausnahme bilden die Kaktusfeige und manche Wasserpflanzen. Muttermilch enthält ebenfalls Taurin. Bei Hund und Katze stellt es die häufigste freie Aminosäure in der Milch dar, bei Mensch und Ratte die zweithäufigste. Taurin ist eine weiße kristalline Substanz, die bei etwa 328 °C schmilzt und sich ab ca. 300 °C zersetzt. Es ist bis zu etwa 100 g/l in Wasser löslich.

Warum benötigen Katzen so viel Taurin?
Katzen können in der Leber Taurin nur mangelhaft bilden und konjugieren Gallensäuren ausschließlich aus Taurin. Mensch und Ratte können beispielsweise dazu neben Taurin auch auf Glycin zurückgreifen. Durch diese Besonderheit gehen bis zu 50 Prozent des von der Katze aufgenommenen Taurins im Darm der Katze wieder verloren – weit mehr, als die Katze selbst bilden kann. Wird der Verlust nicht adäquat ausgeglichen, können Mangelerscheinungen auftreten.

Dazu gehören beispielsweise Störungen des Immunsystems, nervöse Reizbarkeit, Zusammenklumpen der Blutplättchen, dilatative Kardiomyopathie (DCM), zentrale Netzhautdegeneration und letztendlich Blindheit. Auch die Fortpflanzungsfähigkeit der Tiere ist beeinträchtigt. Kitten von Katzen mit Taurinmangel sind häufig geistig und/oder körperlich behindert, wenn sie denn lebend geboren werden. Die Erfolgsrate einer erfolgreichen Trächtigkeit und Aufzucht von Kitten bei Taurinmangel der Mutter liegt bei unter 20 Prozent. Diese Abhängigkeit von einer ausreichenden Taurinzufuhr betrifft nicht nur die Hauskatze, sondern alle Vertreter der Katzenfamilie.

Wie bekommt die Katze ausreichend Taurin?
Kommerziellen Alleinfuttermitteln wird in der Regel Taurin zugesetzt. Auch Rohfütterer supplementieren Taurin meist zusätzlich. Möglich ist die Versorgung grundsätzlich über natürliche und künstliche Taurinquellen.

Natürliche Taurinquellen
Taurin ist natürlicherweise in tierischem Gewebe enthalten, vor allem im Muskelgewebe, in den Eingeweiden und im Gehirn. Beim Muskelgewebe gilt: Umso stärker ein Muskel beansprucht wird, umso mehr Taurin ist enthalten. So enthält Hühnerherz beispielsweise relativ viel Taurin, wenn auch bei Weitem nicht so viel wie das hauptsächliche Beutetier der Katze in freier Wildbahn und gleichzeitig das taurinhaltigste Landlebewesen, die Maus. Aber auch verschiedene Fischarten und einige Meeresfrüchte, wie etwa Mies- und Jakobsmuscheln, sind reich an Taurin. Kritiker bemängeln jedoch in diesem Zusammenhang die mögliche Gefährdung der Katze durch Thiaminase, Schadstoffe und in Aquakulturen verwendete Medikamente.

Der Taurinanteil in den einzelnen tierischen Produkten variiert zudem und ist unter anderem auch von äußeren Faktoren abhängig. So spielen beispielsweise die Rasse der geschlachteten Tiere sowie deren Aufzucht, Haltung und Ernährung eine Rolle. Weiteren Einfluss auf den Tauringehalt und die Bioverfügbarkeit des enthaltenen Taurins haben außerdem Lagerung, Verarbeitung und Zusammensetzung des Futtermittels. Den höchsten Gehalt finden wir in schlachtfrischem rohem Fleisch. Wird die Rohfütterung vorwiegend aus frischen, taurinreichen Bestandteilen zusammengestellt, kann damit der Bedarf grundsätzlich gedeckt werden.

Erhitzung, der Fett- und Fasergehalt im Futter oder auch die Kombination mit pflanzlichen Stoffen, wie Sojaprotein oder Reis(kleie), können jedoch die Aufnahme behindern. Entsprechend gelten bei kommerziellen Nass- und Trockenfuttermitteln zwei- bis vierfach höhere Taurinempfehlungen als bei der biologisch artgerechten Rohfütterung (B.A.R.F.). Dieser Mehrbedarf ergibt sich aus der schlechteren Bioverfügbarkeit von Taurin im Fertigfutter. Studien ergaben, dass durch das Erhitzen der Dosen unter großem Druck die Aufnahme von Taurin stark behindert wird. Die Darmbakterien bauen es weitgehend zu Sulfat ab, wodurch es für die Katze nicht mehr verfügbar ist.

Künstliches Taurin
Künstlich hergestelltes Taurin ist mit zahlreichen Vorurteilen behaftet. Krebserregend soll es sein, einen Proteinüberschuss erzeugen, ein Abfallprodukt der Waschmittelindustrie sein oder gar für die Katze nicht verwertbar. Wissenschaftlich belegen lassen sich diese Thesen nicht. Synthetisch hergestelltes Taurin findet man nicht nur im Katzenfutter, sondern auch in den bekannten Energy Drinks sowie in Shampoos, Duschbädern und Kosmetika. Als N-Methyltaurin ist es in Waschmitteln vorhanden, wo es zu einer guten Schaum- und Reinigungswirkung beiträgt.

Die industrielle Synthese erfolgt zum Beispiel aus den Rohstoffen Ethen, Ammoniak und Natriumsulfit, wie Michael Bretz in seiner Seminararbeit „Taurin – Chemie, Biochemie, Anwendung“ beschreibt. Aus toxikologischer Sicht gilt Taurin als unbedenklich; krebserregendes oder Fehlbildungen verursachendes Potenzial besteht nach heutigem Kenntnisstand nicht. Überschüssiges Taurin wird ausgeschieden. Bei Tierversuchen mit Ratten ergab sich eine mittlere tödliche Dosis (LD50-Wert) bei über 5000 mg/kg Körpergewicht, eine Menge, die man im Alltag in der Regel keinesfalls erreicht.

Viele Katzenhalter berichten außerdem von einer raschen Verbesserung der Fell- und Hautqualität und anderen positiven Effekten nach zusätzlicher Zufuhr von synthetischem Taurin. Auch der Rückgang von DCM und zentraler Retinadegeneration bei Katzen nach adäquater Taurinzugabe im Fertigfutter spricht in Bezug auf die Verwertbarkeit eine deutliche Sprache. Ein Proteinüberschuss sollte bei gesunden Katzen kein Thema sein.

Bei Fertigfutter ist ein Zusatz von künstlich hergestelltem Taurin durch den beschriebenen Mehrbedarf kaum zu umgehen. Es sollte von guter Qualität, frei von Füll- und Rieselstoffen und zu mindestens 99 Prozent rein sein. Bei der Rohfütterung und bei einigen hochwertigen Futtermitteln kann der Anteil an natürlichem Taurin bei entsprechender Zusammenstellung der Rationen und schonender Verarbeitung ausreichend sein und den Mindestbedarf decken; der natürliche Anteil variiert jedoch, ebenso wie der Taurinbedarf einzelner Katzen untereinander.

Eine Schadwirkung von synthetischem Taurin im Katzenfutter ist nicht belegt, jedoch die schwerwiegenden Auswirkungen eines Taurinmangels, die sich oft erst nach Wochen und Monaten zeigen. Eine Ergänzung von Fertigfuttermitteln und die Sicherung einer ausreichenden Taurinversorgung in selbst zubereiteten Mahlzeiten durch zusätzlich ergänztes Taurin sind durchaus sinnvoll.

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MK

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