Allgemeines Katzenernährung

Die Bürokratie des Katzenfutters

Katzen sind mäkelige Fresser. Das eine Futter meiden sie, das andere verschlingen sie – und allzu schnell akzeptieren sie nur noch eine Futterkonsistenz- und Sorte. Entsprechend empfindlich reagieren Katzenhalter auf Rezepturänderungen oder gar eine völlige Einstellung des gewohnten Futters. So gesehen Anfang 2009: Der Futtermittelhersteller Eagle Pack teilte mit, sich mit sofortiger Wirkung vom europäischen Markt zurückzuziehen. Als Begründung wurde die EU-Verordnung EU 1774/2002 angegeben – Eagle Pack sei nicht mehr bereit, die ständig neuen Anforderungen hinzunehmen. Entsetzen brannte unter Katzenhaltern auf. Wieder so eine unsinnige EU-Verordnung, die Herstellern hochwertigen Katzenfutters das Leben schwer macht! Blöde Bürokratie… Doch was bedeutet die mysteriöse EU-Verordnung überhaupt, warum hält sie Katzenfutterhersteller vom europäischen Markt ab?

Tierische Nebenprodukte sind alle nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte Tierkörper oder Tierkörperteile sowie nicht für den menschlichen Genuss bestimmtes Material tierischen Ursprungs. Tierische Nebenprodukte sind dabei nicht gleich tierische Abfallstoffe – Organe wie Herz und Leber gehören zum Beispiel in eine vollwertige Katzennahrung, um den Bedarf an essentiellen Mineralstoffen zu decken. Für viele tierische Nebenprodukte wie zum Beispiel Rinderzunge besteht in Europa kein Markt für den menschlichen Verzehr – diese Fleischbestandteile finden dann im Tierfutter Verwendung.

Die EU-Verordnung

Doch die Verwertung tierischer Nebenprodukte im Tierfutter ist nicht so unbedenklich, wie es klingt.Tierfreunde halten einen engen Kontakt zu ihren tierischen Familienmitgliedern – ist das Tier krank, bedeutet dies oft auch ein Risiko für den Menschen. Das Selbe gilt für zur Schlachtung bestimmte Tiere. Um Tier und Mensch vor einer Verbreitung von BSE und anderen Seuchen zu schützen und weiterhin ein hohes Gesundheitsniveau in der EU sicherzustellen beschloss die Europäische Union darum am 3. Oktober 2002 die Verordnung Nr. 1774/2002, die seit dem 1.Mai 2003 die Definition, Sammlung, Beförderung, Lagerung, Verarbeitung, Verwendung und Beseitigung sämtlicher tierischer Nebenprodukte regelt.

Risiko-Kategorien

Die EU-Verordnung definiert so drei Risiko-Kategorien für tierische Nebenprodukte und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen für Transport, Verwertung und Beseitigung:

Tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 stammen aus Risikobereichen wie TSE-Tieren, Heimtieren, Versuchstieren der Wissenschaft, Wildtiere mit Verdacht auf übertragbare Krankheiten und Küchen- und Speiseresten im grenzüberschreitenden Verkehr. Diese riskanten Nebenprodukte dürfen verbrannt oder in wenigen Fällen auf speziellen Deponien entsorgt werden.

Auch die Materialien der der Kategorie 2 betreffen bestimmte tierseuchenrelevante Schutzaspekte. Sie stammen zum Beispiel aus der Abwasserbehandlung von Schlachthöfen, aus Magen- und Darminhalt von Tieren, Tierkörper kranker Tiere, Gülle und Mist. Auch die Nebenprodukte der Kategorie 2 müssen verbrannt werden oder dienen zur Gewinnung von Biogas.

Zum tierischen Verzehr geeignet sind nur die Materialien der Kategorie 3, soweit sie keine Anzeichen übertragbarer Krankheiten oder Seuchen aufweisen. Blut, Häute, Hufe, Federn, Hörner, Haare, Knochen und Schlachtkörperteile können so genau wie Milchprodukte weiterverwendet und zu Tierfutter verarbeitet werden. Hufe, Federn und Hörner im Tierfutter? Das ist leider Realität. Zum Glück verzichten viele Hersteller hochwertiger Tiernahrung auf derartige tierische Nebenerzeugnisse und beschränken sich auf „hochwertige“ Innereien, die vom Organismus entsprechend verwertet werden können. Viele hochwertige Futtersorten stammen jedoch aus Amerika – in Deutschland steht die Tierfutterindustrie hier noch am Anfang.

Änderungen für Hersteller aus Übersee

Kurz und gut: Die Verordnung 1774/2002 bewahrt uns vor Klärschlamm und risikobehaftetem Material in Tierfutter und dient somit nur unserer eigenen Sicherheit. Doch wo liegt das Problem für die Tierfutterhersteller aus Übersee? Wollen Eagle-Pack und Co. etwa Risikomaterial ins Tierfutter einschleusen? Nein, sicher nicht. Die Definition der unterschiedlichen Kategorien ist nur ein kleiner Teil der Verordnung 1774/2002. Um Kreuzkontamination zwischen belastetem und unbelastetem Material verschiedener Risikogruppen zu vermeiden, schreibt die EU Tierfutterherstellern zum Beispiel die „völlige Trennung der Gebäude“ zwischen Schlachthof und Verarbeitungsbetrieb vor. Alle Verarbeitungsanlagen müssen von der „zuständigen Behörde“ zugelassen werden, so die Verordnung. Das gilt nicht nur für Tierfutterhersteller in Europa, denn für die Einfuhr von tierischen Nebenprodukten aus Drittländern gelten die gleichen Bedingungen wie innerhalb der EU.

Amerikanische Tierfutterhersteller müssen sich ihren Betrieb also nach EU-Verordnung zertifizieren lassen und gegebenenfalls weitere Änderungen des Gesetzes hinnehmen, wenn sie in die EU importieren wollen. Selbst, wenn die Verordnung 1774/2002 der Sicherheit von Tier und Mensch dient, kann dies Teuer für Eagle Pack und Co. werden – Kosten, die sich wirtschaftlich gesehen auf dem relativ kleinen europäischen Markt nicht unbedingt auszahlen.

Mutatio sola perpetua est

Nur Veränderung ist beständig – aus diesem Grund kommen immer neue Futtersorten auf den Markt, andere werden verändert oder verschwinden ganz. Haltern wählerischer Katzen bleibt also nur eins: Langsam umstellen, so lange das gewohnte noch Futter beim Importeur verfügbar ist – und die Katze dann möglichst gleich an verschiedene hochwertige Futtersorten gewöhnen. Denn nur so können Sie sicher gehen, dass der Napf nicht plötzlich ganz leer bleibt…

Wir möchten hier keine Empfehlung für Alternativen zu Eagle Pack geben – das überlassen wir Herstellern und Online-Shops. In einem der nächsten Pfotenhieb-Hefte werden Sie allerdings eine Vorstellung neuer hochwertiger Katzenfuttersorten mit einer vollständigen Aufzählung aller Inhaltsstoffe und Nährwerte finden.

Quellen:

Verordnung 1774/2002 des europäischen Parlaments

Leitlinien zur Verwendung der neuen Verordnung 1774/2002

Verwendung von Speiseöl in Futtermitteln

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MK

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