Katzenernährung

Kein rohes Schwein für die Katze: Die Aujeszkysche Krankheit

Viele Katzenfreunde werden sich beim Füttern ihrer Katze schon einmal gefragt haben, warum es größtenteils Sorten wie Rind, Geflügel, Lachs und Kaninchen gibt.
Schließlich dürfte der Anblick einer Katze, die hinter einer Kuh her rennt und sich hungrig auf sie stürzt, ziemlich selten sein. Mäuse, Vögel und andere Beutetiere der Katze eignen sich aber nicht für die Tierfutterproduktion. Sie gelten in Deutschland nicht als Nutztiere und werden dementsprechend nicht „produziert.“ Tausende Mäuse zu fangen und gründlicher Qualitätskontrollen zu unterziehen, ist zu teuer und umständlich. Katzen müssen sich also mit den Nutztieren, beziehungsweise dem, was der Mensch davon nicht braucht, zufriedengeben. Warum gibt es aber kein Schweine-Fertigfutter für Katzen? Schließlich gibt es weit mehr als doppelt so viele Nutzschweine wie -Rinder in Deutschland.

Viele Katzenhalter haben schon von irgendwoher gehört, dass man kein rohes Schweinefleisch verfüttern soll. Einige davon wissen auch, dass dieses mit einem Virus mit komischem Namen zusammenhängt. Die wenigsten aber wissen genau Bescheid über den Aujeszky-Virus und die durch ihn hervorgerufene Aujeszkysche Krankheit.

Diese Krankheit, auch Pseudowut, Juckseuche oder Infektiöse Bulbärparalyse genannt, ist eine anzeigepflichtige Tierseuche und nach dem ungarischen Tierarzt Aladár Aujeszky benannt, der vor rund 100 Jahren einen Herpesvirus als Erreger der Krankheit erkannte.

Nach Aufnahme verbreitet sich der Erreger über Lymph- und Blutgefäße sowie über Nerven und setzt sich dann in den Schleimhäuten und dem Gehirn fest. Beim Schwein bricht die Krankheit entweder aus oder verläuft – wie bei allen von Herpesviren ausgelösten Krankheiten möglich – zunächst latent, bleibt also verborgen und „wartet ab“. Steht das Schwein in diesem Falle einmal stark unter Stress, z.B. beim Transport oder bei einem heftigen Schreck, kann die Krankheit ausbrechen. Das wirkt sich besonders auf die Saugferkel aus, die nach Krämpfen und Bewegungsstörungen nach einigen Tagen sterben.

Auch junge oder schwache Schweine leiden, sie bekommen Atemprobleme, Fieber oder Entzündungen und nehmen nur noch sehr langsam zu. Grundsätzlich verenden sie daran aber nicht, sondern stecken als Virusträger andere durch ihre Körpersekrete (vor allem Speichel, Nasen- und Vaginalsekret) an. Auch schmutzige Lastwagen oder Schuhdreck aus betroffenen Ställen können das Virus verbreiten. Ist es in einer Schweinezucht einmal erkannt, muss es angezeigt werden. Der Zuchtbetrieb wird dann überwacht, eventuell wird der Schweinebestand sogar gekeult. Für Schweine gibt es zwar eine Impfung, sie schützt aber nicht vor der Infektion, sondern nur vor den Symptomen, sodass der Betrieb Verluste vermeiden könnte, aber weiterhin „verseuchtes“ Fleisch produziert. In vielen anerkannten virenfreien Ländern (siehe Kasten) ist die Impfung verboten, um einen Neuausbruch nicht zu übersehen.

Dem Menschen kann bei einer Virusübertragung nicht viel passieren, unter Umständen gibt es höchstens einen leichten Juckreiz oder Schwäche an den Gliedmaßen. Für fast alle Säugetiere (außer dem Affen und Einhufern) ist die Infektion jedoch tödlich. Katzen, Hunde und viele andere Säugetiere können sich übrigens nicht untereinander anstecken, sie stehen sozusagen am Ende der Infektionskette.

Hat sich ein Tier durch Kontakt mit einem Schwein, virenhaltiges Schweinefleisch oder Bisse von infizierten Mäusen/Ratten angesteckt, kommt es nach einer kurzen Inkubationszeit von zwei bis neun Tagen zum Ausbruch. Das gesamte Nervensystem wird gestört, Gehirn- und Rückenmarksentzündungen sind die Folge, genauso der sehr starker Juckreiz, der den Schweinen erspart bleibt.

Speziell bei der Katze kommt es nach Ausbruch der Krankheit in kürzester Zeit zu ähnlichen Symptomen wie bei einer Tollwut. Die Katze zeigt eine Wesensänderung, Unruhe oder Angst, Schluckbeschwerden und Appetitlosigkeit. Dann treten Zuckungen, zu schnelle Atmung, sehr starker Speichelfluss und Lähmung der Kaumuskulatur auf. Die Katze leckt und kratzt sich ständig, beißt sich sogar blutig oder nagt sich Gliedmaßen ab, um den starken Juckreiz, der meist nur einseitig auftritt, zu stillen. Bei jungen Katzen hingegen kommt es oft zum Erbrechen ohne weitere Symptome. Da die Krankheit schnell voranschreitet, kann sich das Immunsystem nicht schnell genug dagegen lehnen und es kommt schon nach 24-48 Stunden zum Tod.

Wie kann ich also meine Katze schützen? Da Deutschland zu den Virus-freien Ländern gehört, ist die Gefahr einer Ansteckung relativ gering. Weder auf Bauernhöfen noch bei der Verfütterung von Schweinefleisch aus Deutschland dürfte also etwas passieren. Der Erreger stirbt nach 36 Tagen im Gefrierfach bei -18 °C ab, genauso wie bei Temperaturen über 60 °C. Nach dem kompletten Durchbraten des Fleisches sollte der Verzehr also ungefährlich sein. Warum dann aber die ganze Panik? Ganz einfach: Bei der kleinsten Lücke – sei es falsch deklariertes Fleisch, eine zu kurze Einfrier- oder Kochzeit oder Reste von virenhaltigem Schweinefleisch am Fleischwolf in der Metzgerei – kann sich die Katze anstecken und das führt immer und schnell zum Tod. Es gibt keine Heilmittel oder Naturheilmittel, keine Behandlung – die Aujeszkysche Krankheit kann meistens noch nicht einmal am lebenden Tier diagnostiziert werden. Um ganz sicher zu gehen, sollte man einfach darauf verzichten, rohes Schweinefleisch zu füttern. Die Katze wird es sicher nicht vermissen, wenn sie stattdessen ein saftiges Stück Rind-, Wild- oder Geflügelfleisch bekommt oder sich gleich selbst eine Maus fängt.

Übrigens: Dass auf dem Katzenfutteretikett kein Schweinefleisch steht heißt nicht, dass auch wirklich kein Schwein drin ist. Mehr Information gibt es hier: Deklaration – drin ist, was drauf steht? Schweinefleisch ist immer noch günstiger als Geflügel oder Rind – nur wenige Hersteller streichen Schweinefleisch offiziell aus ihrer Zutatenliste. Doch Sie brauchen keine Angst zu haben: Fleisch im Katzenfutter wird immer gekocht – und Kochen zerstört die Auslöser der Aujeszkyschen Krankheit.

Info:

Länder, in denen das Virus seit längerer Zeit nicht aufgetreten ist, gelten als frei von der Aujeszkyschen Krankheit. In Europa sind das:

Deutschland (letztes Auftreten im April 2000)
Österreich,
Schweiz,
Tschechische Republik,
Luxemburg,
Dänemark,
Finnland,
Schweden,
Vereinigtes Königreich,
Republik Zypern

Zum Weiterlesen:

Problem Deklaration – drin ist was drauf steht?

Die Bürokratie des Katzenfutters

Buchtipp:

Katzen würden Mäuse kaufen