Allgemeines Katzenleben

Türkisch Angora: Geschichte, Rassestandards und Weißzucht

Über den Ursprung der Türkisch Angora Katzen ranken sich viele Geschichten und Legenden. Wie andere Rassen auch beansprucht die Türkisch Angora für sich, eine der ältesten Katzenrassen zu sein. Christine Masser, Liebhaberin und Züchterin der Türkisch Angora aus Österreich, berichtet über die aktuellen Rassestandards sowie das Problem der Weißzucht.

Die jüngere Geschichte der Türkisch Angora beginnt fast mit ihrem Ende, denn beinahe ausgestorben und durch wenige Exemplare in den Zoos von Ankara und Izmir bewahrt, fanden erst in den 1950er und 60er Jahren einige wenige Türkisch Angora den Weg in die USA, in den 70er Jahren auch nach Deutschland und in die Niederlande.

In der Türkei gelten nur rein weiße Angoras, vorzugsweise odd-eyed (mit einem blauen und einem grünen oder Bernsteinfarbenen Auge) als „Ankara Kedisi“ und so wurde 1973 vorerst auch nur die weiße Varietät durch die CFA (die Cat Fanciers‘ Association) anerkannt, 1978 auch die anderen Naturfarben. 1988 wurden die weißen Türkisch Angora von der FIFE anerkannt, 1994 folgte schließlich die Anerkennung der farbigen. Bis heute nicht anerkannt sind die Farben Chocolate, Lilac und Point, wobei bei letzteren in jüngster Zeit Bestrebungen zur Anerkennung durch einige europäische Züchter bestehen.

Die Türkisch Angora ist eine pflegeleichte Semi-Langhaar Katze, mit seidigem Deckhaar, ohne Unterwolle, im Sommer recht kurz und im Winter länger, mit buschigem Schwanz und Halskrause. Heute präsentieren sich uns die Türkisch Angora Katzen optisch in zwei unterschiedlichen Typen, mit allen Abstufungen dazwischen: der moderne schlanke, elegante, sogenannte „amerikanische“ Typ mit besonders großen hoch gesetzten Ohren und der traditionelle europäische, etwas kräftiger gebaute Typ. Was nicht heißt, dass alle Züchter in Europa den traditionellen Typ bevorzugen würden, hier finden sich Vertreter beider Varianten nebeneinander. Das Fell verfilzt kaum, daher ist tägliches Bürsten wie bei anderen Langhaar-Rassen nicht notwendig, freut aber ihre Katze, wenn Sie es zumindest ab und zu tun, denn dann muss sie nicht so viele Haare bei ihrer Fellpflege schlucken. Diese Rasse ist wahrlich kein phlegmatischer Stubenhocker, sondern temperamentvoll, lebhaft, aktiv mit oft überraschender Sprungkraft, intelligent und anhänglich. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass die Rasse so wenig bekannt ist und oft ein Schattendasein fristet. In Österreich gibt es derzeit lediglich zwei Züchter dieser Rasse, einige mehr in Deutschland, in der Schweiz, Frankreich, Niederlande und anderen europäischen Ländern.

Auch, wenn die Türkisch Angora von ihren Züchtern als eine gesunde, unverzüchtete Rasse vorgestellt wird, sollte man sich nicht blind darauf verlassen und gegebenenfalls nur Tiere mit Gesundheitszeugnis erstehen: Krankheiten wie HCM (Hypertrophe Kardiomyopathie) oder PKD (Polycystic Kidney Disease) kommen unabhängig der Rassen vor, auch bei Hauskatzen und sollten bei Zuchttieren vom spezialisierten Tierarzt mittels Ultraschalluntersuchung ausgeschlossen werden. Speziell bei der Türkisch Angora bekannt ist eine rezessiv vererbte hereditäre Ataxie, welche ausnahmslos bei sehr jungen Kätzchen auftritt. Sie wird rezessiv vererbt, das bedeutet, dass beide Elterntiere Träger der Krankheit sein müssen. So können Trägertiere, werden sie mit gesunden Tieren verpaart, unbemerkt an die nächsten Generationen die Krankheit weitergeben. Erst, wenn zwei Trägertiere miteinander verpaart werden, kommt es zu kranken Kitten.

Ein weiteres Problem tritt gehäuft bei rein weißen Katzen auf: Die genetisch bedingte Taubheit (weitere Informationen hierzu im Pfotenhieb Magazin März 2012). Gerade bei Türkisch Angora Katzen gehört die rein weiße Fellfarbe traditionell zur Rasse und ist in der Türkei noch immer die einzig anerkannte Fellfarbe der Türkisch Angora Katzen – die Gefahr der Taubheit ist darum erhöht. Alle Zucht- und Verkaufstiere sollten darum entsprechend untersucht werden – aber Vorsicht: Ein „Klatsch-Test“ genügt nicht um Taubheit auszuschließen. Der einzige sinnvolle Test ist derzeit die audiometrische Untersuchung (BAER-Test: brainstem auditory evoked response).

In machen europäischen Ländern geht man leider lockerer mit diesem Thema um, da wird nicht getestet, weiß mit weiß verpaart, was das Risiko taube Kätzchen zu erhalten stark erhöht. Das wäre bei österreichischen Katzenzuchtvereinen nicht möglich. Hier darf nur nach Überprüfung der Hörfähigkeit mittels BAER-Test gezüchtet und ausgestellt werden. In Deutschland ist die Weiß-Zucht in manchen Bundesländern verboten (Artikel „Extremzucht“ im Pfotenhieb Magazin März 2012).

Derzeit wird wieder auf diesem Gebiet weitergeforscht – und wer weiß, vielleicht wird sogar irgendwann ein Gentest entwickelt? Wünschenswert wäre es!

Links:
www.turkish-angora.eu umfangreiche Website über Türkisch Angora Katzen mit Linksammlung
https://vangoran.se Vangoran Stammbaumdatenbank für Türkisch Angora und Türkisch Van

Literatur:
Ursula Aust, Türkisch-Angora-Katzen, 1991
Karren Leigh Davis, Turkish Angora Cats, 1998
Gisela Römer, Türkisch Angora Türkisch Van – kurze Rassebeschreibung und Geschichte der Anerkennung dieser beiden Rassen