Übergewicht bei Katzen ist ein Problem, das sich mit genügend Bewegung, der richtigen Menge des richtigen Futters und regelmäßigen Gewichtskontrollen vermeiden ließe. Doch ist das Hüftgold erst einmal da, ist ein strikter, vom Tierarzt abgesegneter, Diät- und Trainingsplan oft die einzige Hoffnung. Für viele Tierärzte und Katzenhalter gehören spezielle Diät-Futterprodukte selbstverständlich dazu – mit einem erhöhten Rohfaseranteil und Zusätzen wie der Aminosäure L-Carnitin sollen sie zur Gewichtskontrolle beitragen. Ist L-Carnitin überhaupt das gewichtsreduzierende Heilmittel, als das es angepriesen wird? Eine im American Journal of Veterinary Research veröffentlichte Studie sollte Klarheit verschaffen.
Auf den ersten Blick klingt es logisch: Die Aminosäure L-Carnitin transportiert Fettsäuren zu den Mitochondrien, kleine Kraftwerke der Körperzellen, die durch Verbrennung von Fettsäuren Energie gewinnen. Langkettige Fettsäuren können sogar nur gebunden an L-Carnitin durch die Membran der Mitochondrien transportiert werden. Um einen besseren Umsatz von Fettsäuren zu erhalten, wird L-Carnitin darum nicht nur in der menschlichen Diätetik als Nahrungsergänzungsmittel empfohlen, sondern auch vielen Diätfuttermitteln für Katzen beigemischt. Die Verabreichung als „Fat-Burner“ in der Humanmedizin wird schon länger kontrovers diskutiert. So ist beispielsweise die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen der Meinung, dass „zusätzliche Carnitin-Aufnahme in Tablettenform weder den Carnitingehalt in den Muskelzellen noch die Geschwindigkeit der Fettverbrennung steigern kann. Sie hat auch keinen Einfluss auf den Fettanteil des Körpers während einer Diät“. Forscher der Universität Leipzig hingegen wiesen durch einen Anstieg von Kohlenstoffdioxid in der Atemluft nach, dass L-Carnitin als Nahrungsergänzung den Abbau von langkettigen Fettsäuren steigern kann. Diese Erkenntnisse betreffen zwar den menschlichen Organismus, die grundlegenden chemischen Vorgänge entsprechen aber denen im Katzenkörper.
Nun hat eine Forschungsgruppe der Cornell Universität in den USA erstmals den Einfluss von L-Carnitin auf die metabolische Rate in übergewichtigen Katzen untersucht. In ihrer Studie „Influence of dietary supplementation with (L)-carnitine on metabolic rate, fatty acid oxidation, body condition, and weight loss in overweight cats” untersuchte das Team 32 kastrierte, übergewichtige Katzen. Die Tiere wurden auf Versuchsgruppen mit einer Fütterung von 0, 50, 100 oder 150 Mikrogramm L-Carnitin pro Gramm Nahrung aufgeteilt. Um einen möglichen Effekt auf die Gewichtszunahme nach erfolgreicher Diät zu untersuchen, erhielten alle Tiere unbegrenzten Nahrungszugang nach erfolgtem Gewichtsverlust. Wöchentlich verloren alle Versuchsteilnehmer mehr als 1,3 Prozent ihres Gewichts. Unterschiede der Versuchsgruppen und der zugefütterten Menge an L-Carnitin ließen sich hier nicht feststellen. Dennoch: Nach Untersuchung der Fettverbrennungsrate, des respiratorischen Quotienten, der stöchiometrischen Bilanz und weiterer Parameter war klar, dass eine Fütterung von L-Carnitin die Fettverbrennung durchaus unterstützen kann. Interessant ist diese Erkenntnis auch für Katzen, die an Hepatische Lipidose erkrankt sind – die Erfolgschancen liegen hier ansonsten nur bei etwa 60 Prozent.
Alle Katzen nahmen nach Ende des Versuches und unkontrollierter Fütterung zu – einige erreichten so schon nach 35 Tagen ihr Ausgangsgewicht vor der Diät. Eine temporäre Diät allein, egal ob mit oder ohne Zufütterung entsprechender Nahrungsergänzungen, ist also keine langfristige Lösung für übergewichtige Katzen. Aktivität, Spiel und ein langfristiger Fütterungsplan gehören genauso zum Erfolg!
Add Comment