Dürfen Tierärzte bald keine Arzneimittel mehr verkaufen, führt der Impftermin nun unweigerlich über die Apotheke? Im Zuge der Eindämmung von massenweisen Arznei-Gaben in der Tiermast soll auch das Dispensierrecht der Tierärzte überprüft werden.
Das so genannte Dispensierrecht ist die „Berechtigung des Tierarztes für von ihm behandelte Tiere Arzneimittel herzustellen, vom Hersteller oder Großhandel zu beziehen und an den Tierhalter abzugeben“ (Institut für Pharmakologie Pharmazie und Toxikologie; Universität Leipzig). Der Tierarzt erwirbt die Arzneimittel direkt und kann diese im Zuge einer Behandlung an den Tierhalter abgeben – dies betrifft Wurmkuren und Ungezieferabwehrmittel, aber auch Schmerzmittel, Impfstoffe oder Antibiotika. Die Regelung hat bestimmte Vorteile: Der Umweg über die Apotheke entfällt, der Tierarzt kann dem Tierhalter direkt die benötigte Menge des jeweiligen Medikamentes aushändigen und ihn fachgerecht beraten. Die Arzneimittelabgabe ist durch das Arzneimittelgesetz und die Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) geregelt und direkt an die Behandlung gekoppelt. Der Tierarzt weiß genau, wie viel von welchem Medikament er verordnen muss. Eine unkontrollierte Selbstmedikation des Tieres kann so eingedämmt werden, die Hausapotheke quillt nicht über vor übergebliebenen Medikamente nach dem Kauf eines 100er-Packs Tabletten in der Apotheke.
Schon 2001 hatte Bundesverbraucherministerium Renate Künast angekündigt, dass in Zukunft die Veterinäre nicht gleichzeitig Medikamente verschreiben und selbst verkaufen dürfen. Durchgesetzt hat sich diese Änderung bisher nicht, bis Bundeslandwirtschaftsministerin Beate Aigner im Januar 2012 laut dpa erneut eine Überprüfung ankündigte (zum Artikel in der Ärztezeitung). Das Gesetz, dass neben Apotheken auch Tierärzte Medikamente vertreiben dürften, ginge auf eine Ausnahmeregelung der 50er Jahre zurück und stände im Zuge der Eindämmung des Antibiotika-Einsatzes in der Tiermast nun auf dem Prüfstand.
Tierärzte bangen aus guten Gründen um eine Abschaffung des Dispensierrechtes, war der Verkauf von Tierarzneimitteln doch bisher ein gutes Zubrot. Doch auch für Tierhalter hätte eine neue Regelung Nachteile – auch dann, wenn er den Apothekenbesuch nach Aufsuchen seines Hausarztes schon gewohnt ist. Nach der Diagnose durch den Tierarzt würde der Weg zur Apotheke führen, um die Medikamente bei einem tiermedizinisch ungeschulten Apotheker zu kaufen. Vielleicht muss er sie auch bestellen, falls sie nicht vorrätig sind. Eine Abgabe nach Bedarf wie beim Tierarzt ist hier nicht möglich, stattdessen erwirbt der Tierfreund gleich eine ganze Packung mit 50 oder 100 Tabletten, von denen er vielleicht nur vier benötigt. Die Gefahr einer Weiterverwendung oder Weitergabe eventueller Restmedikamente ist entsprechend hoch… Doch der Schaden falsch angewandter Tropfen, Tinkturen und Tabletten ist immens und kann lebensbedrohlich für das jeweilige Tier sein! Aktuell ist nur der Tierarzt Experte für veterinärmedizinische Medikamente, der Apotheker kann die Wirkung auf das jeweilige Tier nicht unbedingt abschätzen. Zudem herrscht in der Tierarztpraxis eine Mischkalkulation. Welche Auswirkungen es auf die Tierarztkosten haben wird, wenn die zweite Einnahmequelle wegbricht, bleibt abzuwarten…
Welche Wege gibt es, die unwillkürlich gegebenen Arzneimittelgaben in der Tiermast einzudämmen, ohne den Kleintierhalter zu belasten? Was ist Ihre Meinung zur Situation? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!
Add Comment