In Kinderbüchern sind Jäger entweder Naturburschen oder bösartige Tierhasser. Katzenhalter stimmen oft letzterem Klischee zu. Kein Wunder, gelten doch Katzen, die sich je nach Bundesland 200 bis 500 Meter von bewohnten Gebäuden entfernen, als „wildernd“ und sind zum Abschuss freigegeben. Ein neues Jagdgesetz in Nordrhein-Westfalen verbietet nun den Abschuss streunender Hauskatzen.
Halter von Freigängerkatzen fürchten sich vor dem Tag, an dem ihr vierbeiniges Familienmitglied nicht vom abendlichen Ausflug nach Hause kommt. Am schlimmsten ist die Ungewissheit: Hat die Fellnase ein neues Zuhause gefunden? Wurde sie eingefangen, angefangen oder vielleicht sogar beim Streunen im benachbarten Wald abgeschossen? Gerade in ländlichen Gegenden ist letzteres Szenario nicht allzu selten. Statistiken darüber, wie viele Katzen jährlich in Wald und Flur erschossen werden, werden nur in wenigen Bundesländern geführt. In Nordrhein-Westfalen wurden im Jagdjahr 2013/2014 laut Aussagen der Umweltministerin 7595 Katzen und 51 Hunde erschossen. Eine erschreckende Zahl!
Im Pfotenhieb Juni-Bookazin Juni 2012 hatte Susann Mattern über die schwierige Diskussion zum Haustierabschuss berichtet. Nun gibt es Neuigkeiten zur Situation: Am 18. November 2014 wurde vom Land NRW ein neues Landgesetz beschlossen, das von Tier- und Naturschützern begrüßt wird. „Mit dem Ökologischen Jagdgesetz (ÖJG) reagieren wir auf den Wandel in vielen Bereichen der Gesellschaft“, so das Land NRW in einem Informationsblatt zur Novellierung. Das Jagdgesetz sollte künftig nach ökologischen und Tierschutzkriterien ausgerichtet werden. Dazu gehöre nicht nur der Schutz von Wildtieren, sondern auch von abschussgefährdeten Haustieren. Aus diesem Grund wurde „der Abschuss von wildernden Hunden und Katzen einer Prüfung unterzogen und unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen und neuerer Befunde neu bewertet.“
Für Katzenfreunde besonders wichtig: Das Töten von Katzen durch Jäger wird verboten.
Die Erklärung: „Zum Hauptbeutespektrum von Hauskatzen zählen nicht die Wildarten. Hauptnahrung sind Kleinnager und Vögel im Siedlungsbereich, wo ohnehin keine Bejagung stattfindet. Ein Töten von Katzen durch Jäger ist nicht mehr zu rechtfertigen.“ Auch NRW-Umweltminister Johannes Remmel stellte klar: „Die Regulierung der Katzenpopulation ist keine Aufgabe für Jäger.“ Um siedelnden Kleintieren zu helfen und das Problem herrenloser Katzen zu lösen, sollte stattdessen auf Lösungsansätze wie Aufklärung von Katzenhaltern sowie Kastration, Registrierung oder Chippen von Katzen zurückgegriffen werden.
Ein Ansatz, der lobenswert ist! Dennoch ist ein Verbot des Abschusses von Katzen hier nur der erste Schritt. Was fehlt, ist beispielsweise ein bundesweites Kastrationsgesetz – dieses wurde bisher nur von wenigen Kommunen und Städten beschlossen. Auch Pläne zur Einführung einer Katzensteuer, die dem Tierschutz und der Eindämmung der Streunerpopulation zugutekommt, gibt es bisher nicht.
Der Paradigmenwechsel zugunsten des Tierschutzes mag von Tierschützern und Tierhaltern begrüßt werden. Selbst der BUND, der viele Absätze der Novellierung kritisch sieht, stimmt dem Verbot des Abschusses von Hauskatzen zu. Der Jagdverband NRW sieht das anders: „Das generelle Tötungsverbot für wildernde Katzen verhindert Wildtier- und Artenschutz“, heißt es in einer Stellungnahme vom 30. Oktober 2014. Schon vorher hatte der Verein das Gesetzesvorhaben „massiven und verfassungswidrigen Eingriff in die Freiheits- und Eigentumsrechte, als antidemokratisch, unsolidarisch, tier- und artenschutzwidrig und letztlich nicht praktikabel“ eingeschätzt. Im Münsterland hatten am 12. November mehrere hundert Jäger bei einem Besuch Remmels in Telgte gegen das Landesjagdgesetz vor dem Gebäude protestiert, in dem der Umweltminister erwartet worden war.
Es bleibt zu hoffen, dass das neue Jagdgesetz auf Dauer echte Erfolge vorweisen kann. Katzenhalter in ländlichen Gegenden sollten in jedem Fall nach wie vor Vorsicht walten lassen. Unfälle passieren und nicht jeder Jäger mag dem neuen Jagdgesetz zustimmen…
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